Tervuren wird keine eigene Hotline für Meldungen zu Rassismus und Diskriminierung einrichten. Bürgermeister Thomas Geyns (Open VLD, Voor Tervuren) hatte zuvor Zweifel an der Notwendigkeit geäußert. Auch ein Aktionsplan gegen Rassismus wird nicht eingeführt. Die Gemeinde will sich stattdessen auf Sensibilisierung und die Zusammenarbeit mit Schulen und Vereinen konzentrieren.
Am 26. Juni wird der Gemeinderat den Antrag von Hand in Hand Tegen Racisme Tervuren ablehnen, der sowohl eine Hotline als auch einen Aktionsplan gegen Rassismus vorsah. Geyns ist der Idee nicht grundsätzlich abgeneigt, weist aber darauf hin, dass andere Organisationen und öffentliche Dienste wie etwa Unia bereits entsprechende Aufgaben übernehmen.
Aktuell betreibt Tervuren eine Beschwerdeplattform — https://www.tervuren.be/meldpunt — für Anliegen zu kommunalen Dienstleistungen. Für andere Anliegen, etwa Müllabfuhr, illegale Müllablagerung oder defekte Straßenbeleuchtung, werden die Bürger an Dienste wie Interrand oder Fluvius verwiesen. Eine spezielle Hotline könnte zudem heikle Fragen aufwerfen, wie etwa den Umgang mit Beschwerden in anderen Sprachen als Niederländisch. Rund 44,5 % der Einwohner haben eine nicht-belgische Herkunft und es sind über 115 Nationalitäten vertreten.
Bürgermeister Geyns betont zudem, dass in Tervuren nur selten Meldungen über rassistische Vorfälle oder Hassverbrechen eingehen — in den letzten Jahren habe es nur ein oder zwei Fälle gegeben. „In den sozialen Medien ist von mehreren Vorfällen die Rede, aber keiner davon wurde offiziell bei der Polizei gemeldet“, sagte Geyns gegenüber VRT NWS nach der Einreichung der Petition durch Hand in Hand.
Ein Beschwerdeführer gab an, dass es unmöglich gewesen sei, rassistische Vorfälle zu melden, obwohl er mehrfach die Polizeiwache aufgesucht habe. Demnach seien Fälle nur dann offiziell registriert worden, wenn eine niederländischsprachige Person anwesend war.
N-Wort und „Affe“ an Schulen
Angesichts der Entscheidung der Gemeinde rief Hand in Hand Tervuren die Einwohner dazu auf, ihre Erfahrungen anonym zu teilen. Die Gruppe sammelte mehrere Berichte, die darauf hindeuten, dass es lokal weiterhin rassistische Vorfälle gibt. So sollen mehrere Vorfälle an Schulen passiert sein, bei denen Kinder als N-Wort oder „Affe“ beschimpft wurden. Einige Eltern kritisierten die ihrer Ansicht nach zu langsamen und unzureichenden Reaktionen der Schulen. Ein Elternteil lobte jedoch das entschlossene Handeln eines Direktors an einer Gemeindeschule nach einem mutmaßlich rassistischen Vorfall.
In einem Sportverein soll ein farbiges Kind gemobbt worden sein. Andere Kinder hätten sich angeblich nach körperlichem Kontakt demonstrativ die Hände abgewischt. In einem örtlichen Café soll einer Person mit dunkler Hautfarbe gesagt worden sein: „Schwarze sind hier nicht willkommen.“ Hand in Hand Tervuren betont, dass diese Berichte zeigen, warum Bedenken ernst genommen werden müssen.
Die Gruppe hatte gehofft, dass die Gemeindevertreter diese Realität anerkennen und entsprechende Maßnahmen in Betracht ziehen würden.
Bereits Anfang des Monats hatte das Afrikamuseum Tervuren eine Delegation von UN-Experten für Rassismusfragen empfangen. Diese waren im Rahmen einer Untersuchung nach Belgien gekommen. Ihr Bericht fiel deutlich aus: Afrikaner, Menschen afrikanischer Herkunft und allgemein Personen, die als „fremd“ wahrgenommen werden — darunter auch in Belgien geborene Staatsbürger — sind strukturellem Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt.
🚨 Haben Sie Diskriminierung erlebt oder beobachtet? Sie müssen nicht schweigen. Hand in Hand Tervuren erinnert daran, dass man Vorfälle online über die föderale Meldestelle Unia melden kann.
🇧🇪 Nederlands: 👉https://www.unia.be/nl/discriminatie-melden
🇧🇪 Français: 👉 https://www.unia.be/fr/signaler-discrimination
🇬🇧 English: 👉 https://www.unia.be/en/report-discrimination
🇩🇪 Deutsch: 👉 https://www.unia.be/de/diskriminierung-melden
Autor: Dafydd ab Iago. © Artikel und Fotos lizenziert © 2024 für Tervuren+ unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International-Lizenz.